28.06.2022
Wie überall in der Gesellschaft findet Diskriminierung auch in den Institutionen des Arbeitsmarkts statt. Manchmal sind diskriminierende Zuschreibungen, Bilder und Strukturen offenkundig, häufig zeigt sich Diskriminierung eher subtil und führt oft auch unbeabsichtigt zu einer Ungleichbehandlung bestimmter Gruppen. Die Wirkungen sind jedoch immer verletzend und haben massive Auswirkungen auf das Leben derjenigen Menschen, die sie erfahren.
Wie kann ich Diskriminierung in meiner Beratungspraxis erkennen und verhindern? Wie kann ich als Führungskraft eine klare Haltung gegen Diskriminierung zeigen und meine Mitarbeiter*innen im Umgang mit diskriminierenden Äußerungen stärken? Wie können wir in unseren eigenen Strukturen und Prozessen mit Diskriminierungsrisiken umgehen und diese reduzieren?
Die Qualifizierungsreihe „Diskriminierungskritische Beratung – Sensibilisierung für Diskriminierungsrisiken“ greift diese Fragen auf. klever-iq unterstützt Führungskräfte und Mitarbeitende aus Jobcentern (JC) und Arbeitsagenturen (AA) dabei, in zwei dreistündigen Seminaren ein Beratungsverständnis zu entwickeln, das einen konstruktiven Umgang mit Diskriminierungsrisiken fördert. Auf dieser Grundlage wird ein Transfer in die eigene Beratungspraxis ermöglicht. Für Führungskräfte liegt der Fokus auf den Themen Qualitätssicherung der Beratung, Teamführung und Verantwortung für die Rahmenbedingungen. In zusätzlichen Erweiterungsmodulen können bestimmte Themen (z. B. Umgang mit Konflikten und Diskriminierungserfahrungen von Kund*innen auf dem Arbeitsmarkt) vertieft werden.
Wir stellen in den Seminaren fest, dass es in den JC und AA und vor allem auch bei den Führungskräften eine große Offenheit gibt, sich mit den Themen Diskriminierung und Diskriminierungsrisiken auseinanderzusetzen und Veränderungen herbeizuführen. Für viele Teilnehmer*innen ist es ein Aha-Erlebnis, dass Diskriminierung auch unbeabsichtigt und unbewusst geschehen kann.
Einige Teilnehmer*innen berichten von eigenen Diskriminierungserfahrungen und dass sie froh sind, diese in den Seminaren ansprechen zu können. Viele sagen, dass sie seit der Teilnahme am ersten Seminar sensibler geworden sind und schneller merken, wenn sie Menschen in Schubladen stecken. Auch strukturelle Diskriminierungsrisiken werden erkannt, so sagte z. B. eine Führungskraft in der Abschlussrunde: „Ich nehme aus dem Seminar mit, dass im Umgang mit Kennzahlen ein Diskriminierungsrisiko besteht. Das werde ich mit meinem Team thematisieren. Auch wenn wir die Kennzahlen nicht abschaffen können, finde ich einen reflektierten Austausch darüber wichtig.“
Bisher wurden im Rahmen der Qualifizierungsreihe 46 Seminare mit rund 600 Mitarbeiter*innen und 9 Seminare mit 113 Führungskräften durchgeführt.
Hintergrund: Das Konzept „Diskriminierungskritische Öffnung (DIKÖ)“ für Mitarbeiter*innen in JC und AA
Ende 2020 entstand gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Regionaldirektion BW die Idee, ein Angebot für JC und AA zu entwickeln, das eine horizontale (alle Diskriminierungskategorien umfassende) Perspektive auf das Thema einnimmt.
Die soll auch die bisher getrennten Beauftragtenstrukturen in den Institutionen stärker zusammenführen. Aus dieser Kooperation entwickelte sich das Konzept DIKÖ. Es besteht aus drei Bausteinen, die unterschiedliche Qualifizierungsformate kombinieren:
* Qualifizierungsreihe „Diskriminierungskritische Beratung“ (Baustein 1),
* Coaching- und Seminarangebot, in dem Projektteams in JC und AA ein Jahr lang intensiv bei der Initiierung und Umsetzung diskriminierungskritischer Veränderungen begleitet werden (Baustein 2),
* Fachübergreifender Begleitkreis, der das Gesamtkonzept kritisch begleitet und weiterentwickelt (Baustein 3).
Text: Julia Kaiser, Annette Martucci (klever-iq / adis e.V.)