12.12.2022
k.l.e.v.e.r. stand bei der Gründung für „kreativ, lokal, effektiv, vernetzt, ergebnisorientiert und richtungsweisend“. Mit Ende dieser IQ-Förderperiode blicken wir auf 10 Jahre klever-iq zurück. Ein Anlass zu fragen, ob wir diesem Anspruch gerecht geworden sind. So viel können wir sagen: Es erfüllt uns mit Freude und wir sind auch stolz darauf, wie wir uns in diesen zehn Jahren in unseren Inhalten, in unseren Formaten, unseren Kooperationen und nicht zuletzt auch als Team weiterentwickeln konnten.
Das Team
2013 haben Elisabeth Yupanqui Werner, Katrin Muckenfuss und Andreas Foitzik als Teil des IQ Netzwerkes Baden-Württemberg das Projekt klever-iq gestartet. Die ersten vier Jahre arbeiteten wir unter der Trägerschaft der Bruderhaus Diakonie. Seit 2017 haben wir gemeinsam mit den Kolleg*innen der Antidiskriminierungsberatung und der Empowermentarbeit den Verein adis e.V. (www.adis-ev.de) gegründet, der seither auch neuer Träger von klever-iq ist.
„Wir“, das sind aktuell Julia Kaiser, Annette Martucci, Björn Scherer und Andreas Foitzik. Elisabeth Yupanqui Werner, die mit ihrer Energie und Kreativität das Projekt über viele Jahre maßgeblich mitgestaltet hat, arbeitet seit letztem Jahr im Empowermentbereich von adis e. V.
Entwicklungen
Inhalte:
Von Beginn an hatten wir in den Angeboten zur „Interkulturellen Kompetenzentwicklung“ und „Interkulturellen Öffnung“ eine machtkritische Perspektive bei der Reflexion migrationssensibler Beratung. Konflikte in der Beratung versuchten wir nicht (nur) über die bessere Klärung von kulturellen Missverständnissen zu verstehen, sondern sahen sie auch als Folge von sozialen oder auch rassistischen Ausgrenzungserfahrungen. Dabei erlebten wir immer wieder Situationen in Seminaren, in denen das „Problem“ allein in der Kultur der „Anderen“ gesucht wurde. Zu fest waren noch die negativ geprägten Bilder, die durch eine fehlende Integrationspolitik und die einseitig geführte öffentliche Debatte über Migration in den Köpfen der Menschen verankert war.
Wir hätten uns damals kaum vorstellen können, wie wir heute mit den gleichen Zielgruppen gemeinsam Diskriminierungsrisiken in den Strukturen und Abläufen ihrer Organisationen identifizieren und nach Wegen suchen, diese abzubauen. Wie wirken sich beispielsweise Bilder über bestimmte Zielgruppen aus, wenn eine Vermittlerin ihre zu knappe Arbeitszeit unter ihren Kund*innen verteilen und dabei eine festgesetzte Vermittlungsquote erreichen muss? Besteht hier das Risiko, eher die Kund*innen mit den besten Chancen und nicht die mit dem größten Unterstützungsbedarf zu fördern? Dabei spielen Fragen der – oft unbeabsichtigten – Ungleichbehandlung aufgrund von rassistischen Bildern genauso eine Rolle wie die der Ungleichbehandlung aufgrund von Geschlecht, Behinderung, Alter oder sozialer Herkunft.
Formate:
Begonnen haben wir vor allem mit zweitägigen Trainings für Fachkräfte, ohne Zusammenhang mit den institutionellen Rahmenbedingungen. Schon früh haben wir in einer Weiterbildung für Migrationsbeauftragte von Agenturen für Arbeit und Jobcentern („Interkultureller Botschafter*in“) sehr erfolgreich mit neuen Formaten experimentiert, bei denen wir Seminareinheiten mit kleinen institutionellen Öffnungsprozessen verknüpft haben. Heute arbeiten wir immer systematischer und ganzheitlicher mit Institutionen: Fort- und Weiterbildungen ergänzen Prozesse der „Diskriminierungskritischen Öffnung“. Und auch die Führungskräfte, die für die Qualitätssicherung die Verantwortung tragen, sind eine wichtige Zielgruppe geworden.
Kooperationen:
Unsere zentrale Kooperationspartnerin war von Beginn an die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit. Über die Jahre ist das gegenseitige Vertrauen so gewachsen, dass wir gemeinsam ganz neue Konzepte entwickeln konnten. In dem aktuellen Konzept „Diskriminierungskritische Öffnung“ verbinden wir Onlineworkshops zum Thema „Diskriminierungskritische Beratung“ in der Fläche mit intensiven Organisationsberatungen zu diskriminierungskritischen Veränderungsprozessen mit einzelnen Organisationen. Und auch die Kooperationen mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), den Kammern, Kommunen oder den Welcome-Centern sind heute von einer großen gegenseitigen Wertschätzung und Partnerschaftlichkeit geprägt.
Team:
Auch in unserer Zusammenarbeit im Team stehen wir heute an einem ganz anderen Punkt als zu Beginn. Ein Hintergrund für diese Entwicklung war sicherlich der Trägerwechsel von einem großen Sozialunternehmen als Projektträger hin zu einem von uns selbst kollegial geführten Verein. In diesem Verein arbeiten wir in einem vielfach heterogenen Team und entwickeln unsere eigenen Strukturen mit dem Ziel, dass wir die Inhalte, die wir nach außen tragen, auch selbst immer mehr verwirklichen. Und unter diesem Dach haben wir uns als klever-Team auch Raum für unsere eigene Entwicklung genommen und gelernt, bewusster mit unserer Unterschiedlichkeit umzugehen, Konflikte auszuhalten, uns Feedback zu geben und vieles mehr.
Es sind auch Dinge offengeblieben. Es gibt Vorhaben, die wir nicht umsetzen konnten. So war es von Beginn an ein Anliegen, die Stimmen der von Ausgrenzung und Diskriminierung Betroffenen stärker in unsere Arbeit einzubinden und dort zu verstärken. Hier sind wir über erste Ansätze bislang nicht hinausgekommen. Auch sind wir immer wieder unsicher, wie wir die Wirkung unserer Arbeit in den fest etablierten Strukturen bei Arbeitsmarktakteur*innen bewerten können.
Nun starten wir – das hoffen wir – ab Januar 2023 mit der neuen IQ-Förderphase in unser elftes Jahr. Die inhaltlichen Veränderungen im IQ-Programm führen dazu, dass wir bestimmte Entwicklungen der letzten Jahre nicht fortführen können. So bedauern wir beispielsweise, dass die Unterstützung von Behörden und Unternehmen bei dem Aufbau von Beschwerdestellen und einer Kultur der Besprechbarkeit von Diskriminierung in der neuen IQ-Förderrichtlinie so nicht möglich ist. Wir werden als adis e. V. andere Wege finden, an diesem Thema weiterzuarbeiten.
Trotzdem blicken wir mit einem gespannten Optimismus auf die nächsten Jahre. Wir werden gemeinsam mit unseren Partner*innen Wege finden, die Qualität unserer Arbeit weiterzuentwickeln.
Wir bedanken uns an dieser Stelle zuallererst bei allen Kolleg*innen des IQ-Landesnetzwerks für die gute Zusammenarbeit! Der Landeskoordinierung für das Vertrauen, das sie nun schon seit zehn Jahren in uns investieren. Allen Kolleg*innen der Verwaltung für ihre Unterstützung und Geduld!
Wir bedanken uns bei allen Kooperationspartner*innen in Behörden und Unternehmen und hier ganz besonders bei den Kolleg*innen der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit.
Wir bedanken uns auch bei den Kolleg*innen von adis e. V., mit denen wir uns nun schon seit auch fast zehn Jahren zusammen auf eine wunderbare Lernreise begeben haben.
Text: Björn Scherer, Andreas Foitzik, Julia Kaiser, Annette Martucci (adis e.V.)