26.09.2022
Seit Anfang 2022 ist die Nachfrage in allen vier Beratungszentren zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen um gut 20 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dies führt unter anderem zu längeren Wartezeiten für die Ratsuchenden und macht organisatorische Anpassungen wie die Zusammenlegung oder Reduktion von Schulungen notwendig. Um effizienter beraten zu können, wird der Fokus noch mehr auf digitale Beratung gelegt, persönliche und telefonische Beratung werden auf Anfrage bedient.
Eine Ursache für die gestiegene Beratungsnachfrage ist der Ukraine-Krieg. Seit Februar wurden über 500 Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft beraten. Hierbei ging es häufig auch um einen niederschwelligen, zeitnahen und „überbrückenden“ Zugang zum Arbeitsmarkt mit sogenannten Beschäftigungsalternativen. Eine weitere Ursache ist die stetig zunehmende Auslandsnachfrage, die sich seit 2019 fast verdoppelt hat. Haupt-Herkunftsländer waren die Türkei, dicht gefolgt von der Ukraine mit größerem Abstand zu Syrien und der Russischen Föderation.
Herkunftsunabhängig verzeichneten die Beratungszentren im ersten Halbjahr 2022 knapp 200 Anfragen mehr in Gesundheitsfachberufen sowie 400 Anfragen mehr in akademischen Heilberufen als im 1. Halbjahr 2021.
Von allen Beratenen hatten 60 % einen akademischen Abschluss und knapp die Hälfte einen reglementieren Berufsabschluss, bei dem die Anerkennung für die Berufsausübung zwingend notwendig ist. Knapp 70 % der Beratenen sind mit 26 bis 45 Jahren im besten Erwerbstätigenalter, die Mehrheit spricht Deutsch auf mindestens B1-Niveau, jedoch nur ein Viertel war zum Zeitpunkt der Beratung bereits in Deutschland beschäftigt. Mehr als die Hälfte der erwerbslosen Personen bezog trotz Erwerbslosigkeit keine staatlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Zahlen machen den großen Bedarf an zeitnaher Beratung zu Anerkennung, Qualifizierung und Arbeitsmarktorientierung sowie das Potenzial der Zielgruppe für den deutschen Arbeitsmarkt deutlich.
Text: Sandra Bauerle und Anne Seth (AWO Stuttgart)