28.06.2022
Sich mit Diversity zu beschäftigen und dieses Thema Projektakteur*innen und Zielgruppen näherzubringen, gehört zum täglichen Geschäft von IQ-Projekten. Oft fällt uns dabei gar nicht mehr auf, dass schon die „Definition von Zielgruppen“ vom Gedanken geleitet ist, Homogenität zu schaffen. Denn es ist naheliegend und scheint per se leichter zu sein, Programme für Menschen mit gleichen oder ähnlichen Eigenschaften zu entwerfen. Umso spannender war es deshalb, gerade das Gegenteil von dem zu machen.
Im Sommer 2021 planten wir in Kooperation mit der Handwerkskammer, eine Fortbildung für Ausbilder*innen anzubieten. Interkulturelle Kompetenz, Diversity, Antidiskriminierung – also die „klassischen“ Themen, die in Zeiten von Fachkräftemangel dringend angegangen werden sollten.
Eine Dozentin mit Offenheit und Antennen für neue Wege und eine akribisch bis ins Feinste abgestimmte Planung waren vielverheißend. Alles lief, war gebucht und aufgegleist … und kam dann doch ganz anders. Corona? Klar! Problematisch! Freistellungen und Zusagen? Schwierig. Verschieben? Dann plötzlich auch noch der Krieg in der Ukraine. Neue Einladungen? Selbstverständlich.
Die Situation brachte uns auf eine neue Idee, gewohnte Pfade und übliche Konzepte bewusst zu verlassen und sich von eingefahrenen Konzepten zu verabschieden. Auf das Handwerk, auf Zusagen überbetrieblicher Meister und Ausbilderinnen konnten wir bauen. Dann auf der anderen Seite der Pflegebereich, der sich bereits Anfang 2020 zu einem Fokus unseres IQ-Projekts „Schlüsselkompetenz Vielfalt“ entwickelt hatte, mit vielen Hinweisen, dass die Ausbildung – hier Anleitung genannt – der neuralgische Punkt und die Achillesferse für das Onboarding ausländischer Arbeitskräfte sei.
Wie wäre es, eine Fortbildung für Ausbilder*innen und Anleiter*innen zusammen anzubieten? Und in Anbetracht der Situation dann die Überlegung: Warum eigentlich nicht mal den Vielfaltsgedanken auch hier ernst nehmen und das Experiment wagen, ganz unterschiedliche Bereiche wie das Handwerk und die Pflege gemeinsam zum Thema Vielfalt fortzubilden?
Als das Angebot dann auch den Pflegeeinrichtungen und einer Klinik unterbreitet wurde, entstand umgehend eine neue Gruppe. Aus einem ursprünglich dezidiert aufs Handwerk abgestimmten Programm wurde ein Angebot „für alle“.
Das Ergebnis: Am 20. Mai 2022 fand eine in der Tat nicht ganz alltägliche, spannende Fortbildung statt – Klinik und Handwerk, Anleitende und Ausbildende – jenseits jeglicher Alltagsroutinen mit dem verbindenden Ziel, unterschiedliche kulturelle Hintergründe besser „verstehen“ zu lernen. Personen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, die mit der gleichen Zielgruppe und den gleichen Herausforderungen zu tun haben, kamen hierbei zusammen: Betreuerinnen aus dem HWK-Ausbildungsservice, überbetriebliche Ausbildungsmeister aus drei verschiedenen HWK-Gewerbeakademien, eine Ausbilderin, eine Klinikanleiterin und Anleiterinnen plus ein Sozialdienst aus drei Pflegeeinrichtungen.
Die Diversität völlig unterschiedlicher Arbeitsbereiche, Erfahrungen und Herangehensweisen sorgte für eine neue, inspirierende und außerordentlich offene Arbeitsatmosphäre.
Der Benefit? Eine bereichernde persönliche Erfahrung und ein persönlicher Gewinn, der gleichermaßen ein Gewinn für die Betriebe und ihre Auszubildenden ist.
Text: Dr. Basar Alabay (Stadt Freiburg)